Das Thema wurde schon oft angesprochen, doch man kann es wohl nicht oft genug wiederholen, weil es für die Betroffenen von so großer Relevanz ist!
Diplomierte Legasthenietrainer und diplomierte Dyskalkulietrainer arbeiten auf pädagogisch-didaktischer Ebene. Gegen die Verwendung des Wortes “Therapeut” im Zusammenhang mit einer pädagogisch-didaktischen Hilfe durch Pädagogen bei Schreib-, Lese- und Rechenproblemen stellt sich nicht nur das österreichische Gesundheitsministerium sondern auch der Berufsverband der diplomierten Legasthenietrainer und diplomierten Dyskalkulietrainer, der Erste Österreichische Dachverband Legasthenie. Die Bezeichnung Therapeut ist in Österreich lediglich den Gesundheitsberufen vorbehalten und nicht für die Verwendung im pädagogisch-didaktischen Bereich gedacht. Unser Verband bemüht sich sehr, diese beiden Ebenen auseinanderzuhalten und betont immer wieder die Relevanz der Pädagogen und ihrer Arbeit und lehnt die komplette Pathologisierung der gesamten Problematik, wie sie vor allem durch die ICD-10 gerechtfertigt scheint, wo man Schreib-, Lese- und Rechenschwierigkeiten als Krankheit bezeichnet, ab. Diese Definition ist eine der Gesundheitsebene und lässt eine Feststellung und auch eine Intervention durch die pädagogische Ebene völlig außer Acht. Deshalb kann sie auch aus der Sicht der Pädagogen nur als eine völlig unzureichende Definition angesehen werden.
Legasthenie oder auch die Dyskalkulie haben ihre Verursachung in biogenetischen Faktoren, die dazu beitragen, dass es zu Schwierigkeiten beim Erlernen des Schreibens, Lesens und Rechens kommen kann. Diese Schwierigkeiten können aber auch durch psychische oder physische Verursachungen entstehen, nur dann sind neben einer pädagogisch-didaktischen Hilfe auch Interventionen durch Gesundheitsberufe gerechtfertigt. Schreiben, Lesen und Rechnen lehrt eben nur der Pädagoge! Sind aber tatsächlich psychische oder physische Problematiken, wie schon erwähnt, als Verursachung vorhanden, also eine Lese-Rechtschreibschwäche oder eine Rechenschwäche zu vermuten muss natürlich auch die Gesundheitsebene in die Gesamtförderung einbezogen werden. In der Praxis ist es aber tatsächlich so, dass die Fälle, wo Interventionen durch Gesundheitsberufe notwendig werden, eher die selteneren sind.
Legasthene/dyskalkule Kinder benötigen lediglich über das gängige Schulangebot hinausgehend individuelle pädagogisch-didaktische Unterstützung. Man geht davon aus, dass davon ca. 15% der Weltbevölkerung betroffen sind. All diese Menschen als schwach, gestört, krank oder gar behindert zu bezeichnen, ist in keinster Weise gerechtfertigt, weil legasthene und dyskalkule Menschen lediglich eine andere Lernfähigkeit und Informationsverarbeitung haben und mit geeigneten Methoden auch das Schreiben, Lesen und Rechnen erlernen können!
Die Geringschätzung, der man zumal begegnet, bezüglich der notwendigen Intervention durch speziell ausgebildete Pädagogen und der gleichzeitig in den Vordergrund drängenden Gesundheitsberufe ist nicht besonders erbaulich, weil es leider zu oft dazu führt, dass Kinder mit Schreib-, Lese- oder Rechenproblemen zwar allerlei “Therapien” erhalten, jedoch nicht den notwendigen pädagogisch-didaktischen Ansatz, ohne den es keine anhaltenden Erfolge geben kann.