Menschen mit Schreib- oder Leseproblemen benötigen keine Therapeuten!

Das Wort Therapeut im Zusammenhang mit pädagogischen Interventionen bei Legasthenie/LRS/Dyskalkulie ist abzulehnen!

Diplomierte Legasthenietrainer arbeiten auf pädagogisch-didaktischer Basis. Eltern werden durch die Bezeichnungen, wie Lese- Rechtschreibtherapeut, Dyslexietherapeut, Lerntherapeut, etc. verunsichert und glauben, sie haben ein krankes oder gestörtes Kind. Gesundheitsberufe haben als Interventionsebene nur dann ihre Berechtigung, wenn das Kind psychische oder physische Sekundärproblematiken aufweist. Psychologen und Ärzte klammern sich aber nach wie vor an die Formulierung des ICD-10 der WHO, wo Schreib- und Leseprobleme als Krankheit beschrieben werden und lassen die vorrangige Notwendigkeit der pädagogisch-didaktischen Interventionen bei einer Legasthenie/LRS/Dyskalkulie nur sehr ungern gelten. Allerdings hat noch keine Krankenkasse Interventionen auf dieser Ebene bezahlt. Tatsache ist aber, dass Therapien durch Gesundheitsberufe ohne die gezielte Hilfe eines Pädagogen allerdings nie zum gewünschten Erfolg führen.

Eine diplomierte Legasthenietrainerin schrieb so treffend:

“Die ICD 10 Formulierung ist ja eine sehr unglückliche. Man muss wissen, dass kein Pädagoge seinerzeit mitgearbeitet hat, als dieser erstellt worden ist. Deshalb zielt auch alles auf Schwäche, Störung und Krankheit hin, weil nur Psychologen und Mediziner gehört wurden. Darunter haben noch heute viele Kinder zu leiden.“

Bei Bezahlung von Förderungen durch diverse öffentliche Stellen geht man aber schon längere Zeit davon ab, legasthenen, LRS, dyskalkulen Kindern Hilfe nur von Gesundheitsberufen aus zu gewähren. Allerdings ist das Wissen der Beamten leider noch völlig unzureichend und wird auch durch Interventionen verschiedener Gesundheitsberufe, die offensichtlich um ihre Positionen fürchten, immer wieder verunsichert. Dabei sollte doch all unser Streben darauf hinzielen, den Betroffenen möglichst umfassend zu helfen. Wirtschaftliche Ängste oder andere sollten wirklich in den Hintergrund rücken!
Man muss dringend zwischen den Interventionsebenen unterscheiden, wenn man bei einem Kind eine Legasthenie vermutet. In erster Linie sollte immer der Spezialist, der auf pädagogisch-didaktischer Ebene die Feststellung und die Förderungen durchführt, herangezogen werden. Die Legasthenie selbst ist grundsätzlich keine Schwäche, Störung, Krankheit oder gar Behinderung. Diese Menschen – 15% der Weltbevölkerung sind davon betroffen – benötigen nur einen speziellen Weg, das Schreiben, Lesen und/oder Rechnen zu erlernen, denn sie finden mit dem herkömmlichen Angebot der Schule nicht das Auslangen. Lediglich legasthene Kinder, die zusätzliche echte psychische oder physische Störungen aufweisen, sollten bei einem Psychologen oder bei entsprechenden medizinischen Berufsgruppen (Mediziner, Logopäde, Ergotherapeut, etc.) vorgestellt werden. Denn nur wenn legasthen Kinder schwere psychische oder physische Probleme aufweisen, ist der Einsatz Gesundheitsberufen notwendig und gerechtfertigt. Ansonsten sollten Sie sich an einen Legastheniespezialisten, der die Sache von der päd.-did. Seite interveniert, wenden. Er wird den Betroffenen Wege zeigen, wie auch sie das Schreiben, Lesen und/oder Rechnen (Dyskalkulie) erlernen können.
Zahlreiche Gesundheitsberufsgruppen, sofern sie nicht eine Zusatzausbildung für dieses Spezialgebiet haben, so auch Psychologen, haben wenig bis keine Erfahrung von pädagogisch -didaktischen Intervention bei Legasthenie, sondern nur über die Behandlung der Sekundärproblematiken, die, erkennt man diese zu spät, sich z.B. im psychischen Bereich ausdrücken können. Auch bei der Diagnostik treten im psychologischen Bereich unabsehbare Probleme zu Tage, denn nicht selten wird von Psychologen für eine Feststellung der Legasthenie ein IQ-Test herangezogen oder auch diverse Lese-Rechtschreibtest durchgeführt. Beide Ansätze verursachen zu oft völlige Fehldiagnosen und sagen tatsächlich über eine Legasthenie nichts aus! IQ-Tests sind vielfach darauf ausgerichtet, dass mittels Sinneswahrnehmungsleistungen die Intelligenz festgestellt wird. Nur ein Beispiel dazu zum besseren Verständnis. Man legt einen Blinden Karten vor, er soll sie ordnen, kann er das nicht, weil er “blöd” ist oder weil er die Karten nicht sieht? Wobei der Blinde aber gegenüber dem legasthenen Menschen eine Problematik aufweist, die man als Mitmensch sofort bemerkt. Differente Sinneswahrnehmungen, die eine Legasthenie ausmachen, sieht man aber nicht. Wissenschaftlich spricht man bedauerlicher Weise nur dann von Legasthenie, wenn eine durchschnittliche oder überdurchschnittliche Intelligenz vorhanden ist. Man sollte aber der Intelligenz im Zusammenhang mit der Förderung wenig Gewicht einräumen, denn auch ein weniger intelligenter Mensch hat ein Recht auf Förderung!
Auch LRS-Tests sind bei legasthenen Kindern oftmals wenig aussagekräftig, weil diese Kinder unterschiedliche Tagesverfassungen zeigen, wenn sie schreiben oder lesen. So kann es gut passieren, dass ein legasthenes Kind heute einen LRST macht, wenig bis keine Fehler macht, was dann in keinster Weise auf gröbere Probleme schließen lässt. Analysiert man dagegen Lese- und Schreibleistungen von längeren Leistungszeiträumen, bekommt man ein völlig anderes Bild.

Viele Legasthenietrainer mussten in der Praxis erleben, dass es leider zu viele Fehldiagnosen von eifrigen Gesundheitsberufsgruppen gibt.
Zu wenig kommen noch immer Leute zu Wort, welche die so relevante Ebene der pädagogisch-didaktischen Intervention bei Legasthenie/LRS vertreten. Leider findet die Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen bei weitem nicht ausreichend statt, was sehr zum Nachteil der Betroffenen gereicht. Es ist daher für Betroffene sehr wichtig, dass man immer wieder genau den Wirkungskreis der verschiedenen Spezialisten definiert und erklärt. Dann bleiben auch lange Irrwege, die so manch Betroffener und seine Familie beschreitet, erspart.